Mai 22

Tierschutz in Afrika: Interview mit Johan von Wildlife ACT

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Mai 22, 2018

Spitzmaulnashörner, Afrikanische Wildhunde, Geier, Meeresschildkröten – leider wird die Liste der afrikanischen Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind, immer länger. Wir haben mit Wildlife ACT Mitbegründer Johan Maree über nachhaltigen Tierschutz in Afrika gesprochen.

Johan Maree mit anderem Teilnehmer von Challenge4ACause in Namibia
Johan Maree (links) während der Spendenaktion Challenge4ACause in Namibia

Seit wann und wo existiert Wildlife ACT?

Johan: Chris Kelly, Dr. Simon Morgan und ich haben Wildlife ACT vor zehn Jahren gegründet. Wir wollten ein nachhaltiges Projekt für Tierschutz in Afrika entwickeln und implementieren, um gefährdete Tierarten unseres Kontinents zu schützen. Wir haben schnell bemerkt, dass es essenziell ist, Hand in Hand mit lokalen Gemeinden zu arbeiten. Einwohner müssen Teil des Tierschutzes werden, um langfristige Verbesserungen zu garantieren. Eine unserer ersten Bemühungen, die sich im Nachhinein als sehr nachhaltig herausgestellt hat, war unsere Finanzierung durch Öko-Tourismus. Auf diese Weise können wir gefährdete Tierarten im Rahmen von Programmen überwachen und unsere Umsiedlungs- sowie Auswilderungsprojekte realisieren. Mehr als 600 Freiwillige verbringen jährlichen ihre Urlaubszeit bei uns, um bei unseren Programmen mit anzupacken und Spezien wie den Afrikanischen Wildhund, das Spitzmaulnashorn, Geparden, Leoparden, Elefanten sowie diverse Geier- und Meeresschildkrötenarten vor dem Aussterben zu bewahren.

Naturschützer bereiten 15 Afrikanische Wildhunde auf ihren Flug in den Gorongosa Nationalpark in Mosambik vor
Umsiedlung von Afrikanischen Wildhunden: Nach 25 Jahren zurück im Gorongosa Nationalpark, Foto: Wildlife ACT

Was gehört zu deinen Aufgaben?

Johan: Ich bin Mitbegründer und Vorsitzender von Wildlife ACT. Mit Universitätsabschlüssen in Wirtschaft sowie Marketing & Werbung habe ich zunächst fünf Jahre in der Werbebranche gearbeitet. Meine Rolle bei Wildlife ACT ist es, die nachhaltige Entwicklung unseres Tierschutzes auf dem ganzen Kontinent voranzubringen und hierfür strategische Partnerschaften zu knüpfen. Aktuell bin ich in den letzten Zügen meines Masterstudiums in Entwicklungsfinanzierung an der University of Stellenbosch Business School. Ich bin gespannt, inwiefern Wildlife ACT dringend benötigte Investierungsmöglichkeiten entwickeln und implementieren kann, um ökonomisches Wachstum zu fördern, das sowohl den Menschen als auch den Tieren unseres wunderschönen Kontinents zu Gute kommt.

Eine Echte Karettschildkröte schwimmt durch eine bunte Unterwasserwelt
An diesen Meeresbewohnern wollen wir uns noch lange sattsehen

Welche Tiere zählen zu den meistgefährdeten in Afrika?

Johan: In Afrika sind leider mehr als 400 Tierarten vom Aussterben bedroht. Neben den priorisierten Spezien Löwe, Leopard, Gepard und Elefant konzentriert sich der Wildlife ACT auch auf die folgenden Tierarten:

  • Afrikanischer Wildhund (Lycaon pictus): Gefährdet
  • Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis): Kritisch gefährdet
  • Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis): Kritisch gefährdet
  • Weißrückengeier (Gyps africanus): Kritisch gefährdet
  • Ohrengeier (Torgos tracheliotos): Gefährdet
  • Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas): Gefährdet
  • Echte Karettschildkröte (Eretmochelys imbricata): Kritisch gefährdet

Tierschutz in Afrika: Sprechen wir über Nashörner

Spitzmaulnashorn mit Nachwuchs
Spitzmaulnashorn mit Nachwuchs, Foto: Cathy Withers

Was ist der Unterschied zwischen dem Breit- und Spitzmaulnashorn?

Johan: Breitmaulnashörner sind Weidetiere, das heißt, sie ernähren sich vor allem von Gras. Spitzmaulnashörner hingegen sind Laubfresser. Zudem haben Breitmaulnashörner einen größeren Kopf und sind auch generell größer. Spitzmaulnashörner tendieren dazu, aggressiver und ängstlicher als ihre Verwandten zu sein. Kritisch gefährdet ist allerdings nur das Spitzmaulnashorn.

Wie viele Spitzmaulnashörner leben heute noch in Afrika?

Johan: 1970 lebten schätzungsweise 65000 Spitzmaulnashörner südlich der Sahara. In Ostafrika wurden in den 1970er Jahren 90 Prozent der Tiere getötet. Heute leben weniger als 2500 Spitzmaulnashörner in Simbabwe, Kenia, Tansania und Namibia. Auch Südafrika ist Heimat einer verhältnismäßig großen Spitzmaulnashorn-Population.

Ein Spitzmaulnashorn nahe eines Wasserlochs
Ein Spitzmaulnashorn in freier Wildbahn, Foto: Alan Hendry

Warum sind Nashörner ein beliebtes Ziel von Wilderern?

Johan: Der Mensch und sein Geschäft mit der Wilderei stellen die größte Bedrohung für Nashörner dar. Angetrieben durch die wachsende Nachfrage nach Hörnern – vor allem in China und Vietnam – sorgen internationale kriminelle Syndikate dafür, dass Nashörner vom Aussterben bedroht sind. 2012 wurde sowohl das Westafrikanische Spitzmaulnashorn als auch das Java-Nashorn als ausgestorben erklärt. [Anmerkung der Redaktion: Im März verstarb leider auch das letzte Nördliche Breitmaulnashorn in Kenia.] Südafrika ist das Zuhause der größten freilebenden Populationen von Spitzmaul- und Breitmaulnashörnern. Aus diesem Grund trägt Südafrika die große Last, Schauplatz einer der schlimmsten Tierschutzkrisen seit mehr als 100 Jahren zu sein.

Welche Erfolge konnte Wildlife ACT hinsichtlich der Rettung von Spitzmaulnashörnern bislang feiern?

Johan: Um das Spitzmaulnashorn zu retten, initiiert, managt und finanziert Wildlife ACT lokale sowie internationale Nashornprojekte. Außerdem entwickeln und implementieren wir Anti-Wilderei-Maßnahmen sowie Technologien für Bodeneinsätze im Busch, kaufen Equipment, wie beispielsweise Senderimplantate oder Halsbänder, die für die Überwachung der Tiere notwendig sind. Letztendlich investieren wir unsere Zeit und bringen unsere Expertise hinsichtlich Management, Fang, Transport sowie Freilassung von Nashörnern in geschützten Regionen mit ein.

Zu unserem Engagement gehört es auch, den WWF und sein Black Rhino Range Expansion Project zu unterstützen, indem wir geeignete und nachhaltige neue Lebensräume finden, neue Spitzmaulnashorn-Tracker ausbilden, Trackingequipment kaufen sowie an die Nashörner individuell anpassen und indem wir die Tiere beim Einleben in ihrem neuen Zuhause begleiten.

Spitzmaulnashorn im afrikanischen Busch
Spitzmaulnashorn streift tapfer durch die Savanne, Foto: Joel Herzog

Wildlife ACT arbeitet außerdem mit Gruppen wie TRAFFIC an Reduzierungspolitik und -initiativen sowie Kampagnen, um die Ausbeutung von Nashörnern zu verhindern. Dazu zählt unter anderem das Entfernen der Hörner, um das Risiko von Wilderei zu minimieren.

Es ist sehr traurig, wie viele Nashörner zu Weisen werden, weil ihre Mütter von Wilderern getötet wurden. Wildlife ACT unterstützt das sichere Einfangen, die Rehabilitation sowie die Freilassung der Tiere, indem wir die Nashornbabys in einer sicheren Umgebung aufwachsen lassen und erst dann zurück in die Wildnis einführen, wenn sie alt genug sind.

Wildlife ACT hilft ländlichen Gemeinden dabei, im Einklang mit geschützten Tierreservaten zu leben und Liebe sowie Respekt für die Dickhäuter zu entwickeln. Wir versorgen diese Gemeinden mit guten Gründen, die Spezies zu schützen, informieren sie über die tatsächlichen Auswirkungen von Wilderei und zeigen ihnen die Vorteile von nachhaltigem Tourismus auf.

Spitzmaulnashorn mit Jungtier im grünen Gras vor einem See, in dem sich Flamingos tummeln
Ein Hoffnungsschimmer: Spitzmaulnashorn-Nachwuchs

Wächst die Spitzmaulnashorn-Population inzwischen wieder?

Johan: Trotz der großen Gefahr, welche die Wilderei nach wie vor darstellt, konnte sich die Population der Spitzmaulnashörner dank des Einsatzes diverser Stakeholder in den vergangenen drei Jahren vergrößern. Da allerdings nur noch so wenige Spitzmaulnashörner existieren, könnte schon eine schlimme Wildereiphase die unerschöpfliche Arbeit und den teuren Tierschutz wieder zunichtemachen. Wir können jetzt nicht aufhören. Wir müssen alles dafür geben, um das Spitzmaulnashorn von der Liste der gefährdeten Arten zu streichen.

Was ist dein persönlich größter Erfolg mit Wildlife ACT?

Johan: Wildlife ACT hat mehrere Meilensteine hinsichtlich der Rettung bedrohter Tierarten erreicht. Wir ermuntern alle dazu, mehr über die Erfolge der Organisation nachzulesen: https://bit.ly/2wZ1vnk

Unsere Erfolge aus dem Jahr 2017 umfassen:

  • Der zweite Platz in der Kategorie „Best for Habitat and Species Conservation“ bei den African Responsible Tourism Awards.
  • Das erste afrikanische Tierschutzprogramm, das mit dem „Fair Trade Tourism“-Zertifikat ausgezeichnet wurde.
  • Unser Mitbegründer Chris Kelly hat bei den Rhino Conservation Awards 2017 Silber in der Kategorie „Endangered Species Conservation“ geholt.
Afrikanische Wildhunde im Madikwe Game Reserve in Südafrika - Wildlife ACT fördert nachhaltigen Tierschutz in Afrika
Afrikanische Wildhunde im Madikwe Game Reserve

Welches der gefährdeten Tiere wärst du und warum?

Johan: Ein Afrikanischer Wildhund. Ich habe diese Tiere unheimlich zu schätzen gelernt. Sie sind unglaublich zähe und dennoch soziale Tiere mit engen Familienbeziehungen. Das Rudel teilt sich die Verantwortung, auf den Nachwuchs aufzupassen – Männchen, Weibchen, Brüder und Schwestern übernehmen diese Aufgabe. Wildhunde sind zudem unter den erfolgreichsten Jägern, wobei sie ihre Beute im Rudel angreifen. Leider sind sie aber auch die zweitgefährdetste Tierart in Afrika. Vor allem von Wilderern ausgelegte Fallen stellen für sie ein großes Risiko dar.

Wildlife ACT in drei Worten?

Johan: Fokus. Tierwelt. Artenschutz.

Vielen Dank für das Interview!

Johan: Sehr gerne, jederzeit wieder.

 

Mehr zum Thema Tierschutz lesen Sie hier:

Wildlife ACT: Freiwilligenarbeit im Afrika-Urlaub

Artenschutz der Geier – ein Projekt von Wildlife ACT

Artenschutz der Afrikanischen Elefanten – ein Projekt von Wildlife ACT

Titelbild: Scott Christensen


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Über den Autor

Katharina Mandy

Katharina ist eine Journalistin und Autorin aus Hamburg. Die vergangenen Jahre hat sie sowohl in der Hansestadt als auch in Kapstadt gelebt. Das Jetset-Leben hat ihr zwar Spaß gebracht, aber nun hat sie sich endgültig in der Mother City niedergelassen. Katharina ist eine Teamplayerin und glücklich darüber, zum Rhino Team zu gehören. 2010 ist sie erstmals in die Regenbogennation gereist, um ein Auslandssemester an der Universität in Stellenbosch zu absolvieren. Sie hat sich sofort in Südafrika verliebt – ein bestimmter gutaussehender Surfer hat es ihr besonders angetan. Wandern, Segeln, Kochen und Essen sind ihre Lieblingsbeschäftigungen, wenn sie nicht gerade fleißig an Blogartikeln schreibt.

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